Von Pfr. Gregor Arndt

Als DDR-Bürger gehörten „West-Radio und -Fernsehen“ fest zu meinem Alltag. Die Levis-Jeans und Matchbox-Autos in der Werbung prägten genauso Standards und Sehnsucht meines Lebens wie die Bundestagsreden und die „Tagesschau“: Einführung in freiheitliches Leben und demokratischen Umgang als Import aus dem „Westen“. Als die Mauer 1989 fiel, kam mir vieles im neuen Deutschland nicht fremd vor.

Seit zwanzig Jahren haben Menschen in Afghanistan nach dem „Westen“ geschaut. Sie wurden mitgeprägt von Werbung und Werten, die von „westlichen“ Kräften gelebt und gelehrt wurden. Hunderte wurden in Polizei und Justiz ausgebildet; viele konnten im Schatten des militärischen Schutzes ihre Talente und Berufungen entfalten.

 Nach der Machtübernahme durch die Taliban schließen sich die Grenzen und die Diktatur schlägt zurück.  Ich stelle mir vor, 1989 hätten sich die DDR-Grenzzäune mit Militärgewalt gefestigt, die „Stasi“ ihre „Listen“ abgearbeitet und die Gefängnisse gefüllt … sowie es jetzt in Afghanistan geschieht.

Das Hineindenken in diesen Vergleich hilft mir, die Enttäuschung und den Schock der Menschen in Kabul zu verstehen. Als Christ gehöre ich zu einer Weltkirche und mir kann das Schicksal der Menschen nicht egal sein. Das gilt bei aller Ohnmacht zuerst für meinen Umgang mit der Sprache. Die „Ossi“-Demütigungen von vor 30 Jahren gegenüber manchem auch im Eichsfeld müssen wir den Menschen in Afghanistan nicht antun. Sie sind Gotteskinder – darin begründet sich ihre Menschenwürde – und haben unseren Respekt verdient.

Einen gesegneten Sonntag!

Pfarrer Gregor Arndt

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