Knapp 500 Euro für ein angebliches Abo über elf Monate. Auf der Rechnung ist der Kunde gleich mit Foto abgebildet: Die aggressiven Forderungen einer Online-Dating-Plattform aus Leipzig verunsichern immer wieder Verbraucher in Thüringen. Dass sie einen Vertrag geschlossen haben, bestreiten die meisten der Ratsuchenden.
Die Verbraucherzentrale Thüringen rät bei der Dating-Plattform „Sexydate“ zur Vorsicht. Immer wieder melden sich in den Beratungsstellen Verbraucher, meist Männer, die nach eigenen Angaben unerwartet Rechnungen erhalten haben. Knapp 500 Euro werden für elf Monate Mitgliedschaft eingefordert. Die Ratsuchenden bestreiten aber in der Regel, einen Vertrag mit dem Onlinedienst abgeschlossen zu haben.
Besonders heikel ist, dass sich viele der angeblichen Kunden mit Foto auf der Rechnung wiederfinden. Das soll den Druck zu zahlen erhöhen. Gewollt zur Verfügung gestellt haben die Verbraucher ein solches Foto nicht.
Hinter „Sexydate“ steht die Mediapool & friends UG mit Sitz in Leipzig. Zuvor agierte der Anbieter von Berlin aus. Im vergangenen Jahr waren es mehr als 50 Ratsuchende, die sich aufgrund von Problemen mit dem Onlinedienst an die Verbraucherzentrale Thüringen wandten.
Unklar ist, wie die angeblichen Vertragsschlüsse zustande kommen und woher der Anbieter die Fotos der Angeschriebenen nimmt. Auf der regulär über den Browser erreichbaren „Sexydate“-Website hätten sie jedenfalls keinen Kauf-Button geklickt oder Daten eingegeben, so die Verbraucher.
POST NICHT WEGWERFEN UND REAGIEREN
Was sollten Verbraucher tun, die eine solche Rechnung erhalten? „Keinesfalls ignorieren“, warnt Rebecca Bergmann, Juristin und Verbraucherberaterin in Erfurt. „Denn ein Inkasso-Büro ist dabei, Mahnungen zu versenden. Mahngebühren können auflaufen. Wenn Sie darauf auch nicht reagieren, kann es zu einem gerichtlichen Mahnbescheid und sogar zu einem Vollstreckungsbescheid kommen. Das Gericht prüft erst, ob die Forderung gerechtfertigt ist, wenn Sie sich dagegen wehren. Tun Sie das nicht, müssen Sie bezahlen“, erläutert Rebecca Bergmann.
Deshalb sollten Verbraucher:innen den Vertragsschluss schriftlich bestreiten und ihn rein vorsorglich anfechten, widerrufen und kündigen. Die Verbraucherzentrale hält dafür eine interaktive Briefvorlage bereit. Zu finden ist diese unter dem Stichwort „Forderung für einen Online-Service abwehren“ bei den Musterbriefen „Digitale Welt“ unter www.vzth.de.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat die Mediapool & friends UG Ende 2021 aufgrund mehrerer nicht rechtmäßiger Praktiken bei „Sexydate“ abgemahnt. Unter anderem, weil durch die Fotos auf den Rechnungen aggressiv Zahlungsdruck ausgeübt wird und, weil in den AGB steht, dass persönliche Kunden-Daten an dritte Onlinedienste weitergegeben werden.
VERTRAGSSCHLUSS DURCH DIE HINTERTÜR
Nur kurz neugierig gewesen und plötzlich ist das Abo in Sack und Tüten – ungewollte Vertragsschlüsse im Internet bei diversen Anbietern sorgen immer wieder für Ärger bei Verbraucherinnen und Verbrauchern. „Unternehmen nutzen dafür verschiedene Maschen“, weiß Rebecca Bergmann. So werden Verträge über scheinbar unverbindliche Chats angebahnt, potenzielle Kunden in sozialen Medien, per SMS oder über Popup-Fenster zum unbedarften Klick verleitet. Oft erhalten Verbraucher:innen einen Link zu einer Anmeldewebsite voller Fallstricke, die sich von der Website unterscheidet, die man normalerweise über den Browser erreicht.
Gut zu wissen: Im Streitfall, also vor Gericht, muss der Anbieter nachweisen, dass tatsächlich ein Vertrag geschlossen wurde.
Die Verbraucherzentrale Thüringen berät bei Verträgen, die man ungewollt oder angeblich geschlossen hat. Termine können unter www.vzth.de oder (0361) 555 14 0 gebucht werden.