Wintzingerode. Es ist ein eher ungewohntes Bild, wenn auf dem Gelände des Feuerwehrzentrums in Wintzingerode große Zelte aufgebaut sich, darin aber Familien wohnen. Seit ein paar Tagen haben Frauen, Kinder und auch ein paar Männer hier Unterkunft gefunden, eine vorübergehende soll es sein…

Johannes Fischer und Hans-Joachim Köhler im Gespräch mit Sergej und seiner Familie. Foto: Ilka Kühn

Sergej kommt aus Mariupol. Seit März ist er auf der Flucht. Kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine hatte er zunächst seine gesamte Familie in Sicherheit gebracht, Eltern, Großeltern, Neffen u.a. Doch dann kam der Tag, als bei einem Angriff seine Wohnung nur noch Schutt und Asche war. Die Familie hatte alles verloren. So musste auch Sergej fliehen, mit seiner Frau Julia und Töchterchen Darina. Am 14. Juli wird sie gerade mal zwei Jahre alt. Eine Flucht ins Ungewisse, getrennt von den anderen Familienangehörigen. Sergejs Eltern sind derzeit in Prag. Nichts mehr zu haben, nicht zu wissen, was die nächsten Tage bringen werden – ein Zustand, den man niemanden wünscht.

Derzeit ist Sergej mit seiner Frau und Tochter im Zeltlager in Wintzingerode untergekommen. Sie können durchatmen, aber es wird nicht Endstation sein. Das kann es auch nicht, sagte der Wintzingeröder Ortsbürgermeister Hans-Joachim Köhler bei einem Besuch im Zeltlager. Er wollte wissen, wie die Menschen hier untergebracht sind. Infos hatte er vorher nicht bekommen, dass man in Wintzingerode ein Zeltlager für Flüchtlinge aufbauen muss.

Freundlich und dankbar sind die Menschen aus der Ukraine, dass ihnen geholfen wird. Sie wollen auch selbst helfen, wo immer es geht, wollen sich einbringen, erklärt Johannes Fischer, Inhaber von Fischer-Security. Er ist sozusagen die gute Seele für die Menschen im Zeltlager, kümmert sich um alles, vom gemeinsamen Frühstück am Morgen, bis spät in die Nacht, wenn es Probleme gibt. Er hört aber auch von den Schicksalen der Menschen, spürt, dass sie innerlich gebrochen sind. Und Johannes Fischer hat ebenfalls in einem der Zelte auf der Liege übernachtet. Die Menschen um ihn herum sind in den paar Tagen zusammengewachsen und froh, dass sie für alles einen Ansprechpartner haben, einen, der für sie da ist.

Ein Zeltlager kann aber nur eine Notlösung sein, auch wenn Dixi-Toiletten und Duschen vorhanden sind. Wir fragten beim Landkreis nach und erhielten folgende Antwort:
Das Zeltlager wurde im Feuerwehrzentrum aufgestellt, da kurzfristig eine Unterbringungsmöglichkeit für eine größere Anzahl angekündigter Flüchtlinge geschaffen werden musste. Zum Zeitpunkt der Errichtung standen keine anderen
Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung. Es ist beabsichtigt, die Menschen so schnell wie möglich in festen Wohnraum umzuverteilen. Eine dauerhafte Einquartierung in Zelten ist nicht vorgesehen. Der Landkreis Eichsfeld ist derzeit in Abstimmung mit den Städten, Landgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften. Vorbereitungen für die weitere Aufnahme von Flüchtlingen werden getroffen.

Es stehen durchaus größere Hallen im Landkreis zur Verfügung, die evtl. so eingerichtet werden könnten, dass sie kurzfristig als Unterkunft dienen könnten, wie beispielsweise eine ehemalige Möbelhalle in Leinefelde, die nach unserer Recherche auch angeboten wurde.

Bleibt nur zu hoffen, dass die Flüchtlinge irgendwann zur Ruhe kommen können. Die meisten sehnen sich danach, wieder nach Hause zu fahren und danach, dass die Familien auch wieder zusammenkommen.

Ilka Kühn

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