Wenn die Neupatientenregelung gestrichen wird, müssen Patienten wieder länger auf Termine warten. „Es ist noch nicht zu spät. Liebe Bundestagsabgeordnete, verweigern Sie die Gefolgschaft auf diesem Irrweg, erhalten Sie die Neupatienten­regelung“, appelliert Dr. Annette Rommel, erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen.

Am heutigen Donnerstag stimmen die Parlamentarier über das GKV-Finanz­stabilisierungsgesetz ab. Mithilfe dessen will Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach das Milliardendefizit der Krankenkassen ausgleichen. Das Gesetz sieht vor, die erst 2019 eingeführte Neupatientenregelung zu streichen. Ziel war es, allen Patienten einen schnelleren Zugang zu Facharztterminen zu ermöglichen. Analysen des Zentralinstitutes für die Kassenärztliche Versorgung belegen dessen Wirkung: Die Herausnahme von Neupatienten aus dem Ärztebudget führte dazu, dass akut erkrankte Patienten besser Termine bekamen. Die Ärzte investierten in ihre Praxen und stockten beim Personal auf, um das Versorgungsangebot zu erweitern.

An Stelle des Anreizes zur Aufnahme von Neupatienten sieht das Gesetz nun Zuschläge bei schnellen Terminvermittlungen über die Terminservicestelle vor. „Dieser Vorschlag verhöhnt Ärzte und Patienten gleichermaßen. Die Termin­servicestelle vermittelt nur einmalig einen Termin ohne freie Arztwahl, falls es irgendwo freie Termine gibt. Die Neupatientenregelung ermöglicht hingegen ein vertrauensbasiertes Arzt-Patienten-Verhältnis. Außerdem kompensieren die Zuschläge finanziell nicht ansatzweise die Neupatientenregelung. Der Vorschlag ist bloße Augenwischerei“, kommentiert Dr. Rommel.

Eine Praxis erbringt nicht nur medizinische Dienstleistungen. Sie muss wirtschaften können, um Personal zu zahlen, in Technik zu investieren um die ambulante Versorgung aufrechtzuerhalten. „Wird die Neupatientregelung gestrichen, müssen Praxisinhaber sparen. Die absehbare Folge: Die erhöhten Kapazitäten können nicht aufrecht erhalten werden. Patienten müssen wieder länger warten“, sagt Dr. Rommel.

Dabei helfe die Streichung der Neupatientenregelung kaum, das Defizit der Krankenkassen zu verkleinern: Von dem prognostizierten GKV-Defizit in Höhe von etwa 20 Euro pro Monat pro versicherter Person lassen sich mit dieser Maßnahme gerade einmal 45 Cent abfedern. „Wir reden von einer symbolischen Sparmaßnahme im Sinne der GKV-Finanzen, die die Patientenversorgung unnötig verschlechtert. So verspielt man Vertrauen und Glaubwürdigkeit in das Gesundheitssystem“, sagt Dr. Rommel.

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