Asbach-Sickenberg/Wanfried. Das Grenzmuseum Schifflersgrund bekam für die neue Dauerausstellung ein besonderes Exponat, das wortwörtlich Geschichte geschrieben hat. Die Stadt Wanfried und das ortsansässige Heimatmuseum und Dokumentationszentrum zur deutschen Nachkriegsgeschichte übergaben die Schreibmaschine, auf der der Vertragstext zum sogenannten „Wanfrieder Abkommen“ getippt wurde, als Dauerleihgabe an Museumsleiter Dr. Christian Stöber.

Willhelm Gebhard, Bürgermeister der Stadt Wanfried (li.), und Olaf Prehm vom Heimatmuseum und Dokumentationszentrum zur deutschen Nachkriegsgeschichte aus Wanfried bei der Übergabe der Schreibmaschine an den Leiter des Grenzmuseums Schifflersgrund Dr. Christian Stöber (re.) zwischen amerikanischen und sowjetischen Fahrzeugen auf dem historischen Austauschgebiet; Foto: Rebekka Bode, Grenzmuseum Schifflersgrund

Die schwarze Reiseschreibmaschine vom Typ Olympia-Plana mit kyrillischen Zeichen gehörte einst Michael Burda, der als amerikanischer Militärkommandant nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf dem Gut Kalkhof in Wanfried an den Verhandlungen zum Gebietstausch zwischen der amerikanischen und sowjetischen Besatzungszone beteiligt war.

Ursächlich dafür war eine für die Amerikaner strategisch wichtige Zugverbindung, die auf einer Länge von rund vier Kilometern die sowjetische Zone im Eichsfeld querte. Die beiden Besatzungsmächte vereinbarten am 17. September 1945, dass die betreffende Bahnlinie mit den umliegenden Dörfern Neuseesen und Werleshausen zur amerikanischen Zone wechselt, während die fünf kurhessischen Ortschaften Asbach, Henningerode, Sickenberg, Vatterode und Weidenbach fortan zur sowjetischen Besatzungszone gehörten – mit tiefgreifenden Auswirkungen und Folgen für die Bevölkerung. Viele Anwohner flüchteten in den Folgejahren
in den Westen. Nach 1990 gab es eine teils hochemotionale Diskussion um die Rückgliederung, die letztlich jedoch ausblieb, so dass das „Wanfrieder Abkommen“ quasi bis heute gültig ist.

Sowjetische Fassung des Vertrages zum sogenannten „Wanfrieder Abkommen“ mit
kyrillischen Zeichen; Archiv Grenzmuseum Schifflersgrund

Die Schreibmaschine, auf der die russische Fassung des Vertrags geschrieben wurde, befand sich
anschließend rund sechs Jahrzehnte in den USA bei Michael Burda, der den Eigentümern des Kalkhofs in Wanfried, der Familie von Scharfenberg, zeitlebens freundschaftlich verbunden war und sogar Pate von Tochter Valeska von Hagen wurde. Auf sein Vermächtnis hin landete die Schreibmaschine 2006 – ein Jahr nach dem Tod von Burda – wieder in Wanfried.

Nun wird das Gerät einen Platz in der neuen Dauerausstellung des Grenzmuseums erhalten, das sich selbst auf eben jenem historischen Austauschgebiet befindet, das einstmals von Hessen nach Thüringen wechselte. „Ein guter Ort, um diese Geschichte zu erzählen und ihre Zeitzeugnisse zu präsentieren“, erklärt Museumsleiter Stöber.

Man habe aus den USA außerdem nicht nur eine Reproduktion des Vertrags erhalten, sondern in
amerikanischen Archiven auch weitere Unterlagen zu den Umständen der Verhandlungen recherchieren können, um die damaligen Ereignisse möglichst genau zu rekonstruieren und im Zusammenspiel mit anderen, teils bisher unbekannten Quellen im Lichte der Forschung zeitgemäß darzustellen. „Ich bedanke mich daher ganz herzlich für die Leihgabe dieses einzigartigen Erinnerungsstücks“, so Stöber.

„Der Magistrat der Stadt Wanfried und das Team des Heimatmuseums und Dokumentationszentrums zur deutschen Nachkriegsgeschichte hat der Leihgabe nach Asbach-Sickenberg gerne seine Zustimmung gegeben. Wir freuen uns, die neue Ausstellung im Grenzmuseum Schifflersgrund mit der bedeutsamen Schreibmaschine bereichern zu können und bis zur Wiedereröffnung des Museums in Wanfried zur Verfügung zu stellen“, sagt Bürgermeister Wilhelm Gebhard, der zugleich hofft, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden historischen Orten an der hessisch-thüringischen Landesgrenze zukünftig noch intensiviert wird, um weiteren Generationen die Zeit der deutschen Teilung eindrücklich präsentieren zu können.

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