Was es nicht alles gibt! Da erhält man ein kleines Video, das im Netz veröffentlicht ist und man wird neugierig. Was steckt dahinter, wo ist das? Oder man findet die Sache so toll, dass man noch mehr wissen möchte. So ging es uns vor ein paar Tagen. Gisela Reinhardt machte sich auf die Spur, um herauszufinden, was es damit auf sich hat. Hier ihr lesenswerter Bericht:
Vor einigen Tagen schickte ein Freund einen Videoclip in die Whats-App-Gruppe, in dem ein DUO durch die Straßen fährt und ein Ordensmann darin stehend, mit lauter Stimme eine Segensformel ruft und die Häuser segnet. Ich fragte zurück, in welchem Ort so etwas stattfindet und bekam die Antwort: in Großbartloff. Da der Absender des Videos eigentlich niemand ist, der mit solchen Dingen Scherze macht, fragte ich nach, wer der Priester ist und ob er Haussegnung macht.
Jemand aus der Gruppe wusste, dass es sich um einen Pater aus dem Bonifatiuskloster Hünfeld handelt und er einen Coronasegen für die Menschen von Großbartloff ausspricht. Ich dachte: „..so etwas ist nicht von dieser Welt, ist das ein Aprilscherz? Warum segnet ein Pater aus Hessen in Großbartloff? Nun blieben Kommentare in der Gruppe nicht aus. „Der segnet länderübergreifend“, „der schafft was“, „da kommt aber finanziell nichts rüber, nicht mal das Benzingeld“, „ob er eine Wasserpistole mit Weihwasser hat?“. Blasphemie lag uns fern, aber wir konnten uns nicht vorstellen, dass dieses Video einen realen Hintergrund hat und lästerten um die Wette. Aber, wie so oft im Leben, es machen sich Menschen über Dinge lustig, die sie nicht verstehen und von denen sie nichts wissen. Doch wir wollten es wissen, recherchierten und erfuhren, dass vom 11.-15. November 2020 in der Pfarrei St. Anna Lengenfeld unterm Stein Missionstage stattgefunden haben.
Gemeindemission – daran kann ich mich sehr gut erinnern, obwohl ich damals noch Kind gewesen bin. Es waren unvergessliche Tage mit den Redemptoristen Patres aus Heiligenstadt. Pater Färber erzählte uns in seinen Predigten in seinem kölschen Dialekt Tünnes und Schäl-Witze. Wir haben ihn „angehimmelt“. Die Witze habe ich vergessen, aber die besondere Zeit der Mission bleibt unvergessen.
So nahm ich Kontakt zu Pfarrer Siegfried Bolle aus Großbartloff auf und erzählte ihm vom Spaß in unserem Gruppenchat. Er konnte herzhaft über uns lachen. Dann berichtete er, dass im Januar kommenden Jahres die Gemeinden St. Jakobus, Struth, Maria Geburt, Lengenfeld unterm Stein, St. Martin, Faulungen, Heilig-Kreuz, Hildebrandshausen, St. Peter und St. Paul, Großbartloff und St. Alban und St. Vitus, Effelder zu einer Pfarrgemeinde St. Anna zusammengeschlossen werden.
Unter dem Leitwort „Glaubst du schon oder suchst du noch?“ wollten die Verantwortlichen vor der Fusion einen geistlichen Auftakt setzen. Dechant Dominik Trost hatte bei einem Vortrag die Missionspatres P. Martin und P. Felix von den Hünfelder Oblaten erleben dürfen und war von ihnen begeistert. So lud er sie zu Tagen der Glaubenserneuerung in seine Gemeinden ein.
Missionstage sind ein Angebot, sich mit den Fragen des Glaubens auseinanderzusetzen, eine Antwort darauf zu suchen und eventuell einen neuen Anfang mit Gott und der Kirche zu wagen. Sie geben Unterstützung, Glauben und Leben in Verbindung zu bringen, um ihn auch an die kommende Generation weitergeben zu können. Dabei wollen die verschiedenen Gottesdienste, Predigten, Gespräche und Begegnungen helfen. Diese Tage sollten Auftakt für eine Gemeindemission sein, die mit verschiedenen Höhepunkten im September 2021 endet.
10 Tage mit missionarischen Akzenten waren geplant, aber Corona änderte den Plan. Die verbliebenen 5 Tage waren gefüllt mit verschiedenen Themen und Veranstaltungen. Eine Schwierigkeit stellte die Limitierung der Plätze in den Kirchen dar, so gab es an jedem Tag neben Missionsgottesdiensten, einen besonderen Höhepunkt im YouTube Livestream mitzuerleben. Damit hat die Kirchengemeinde bereits Erfahrungen und es wird gut angenommen. Junge Menschen in den Gemeinden haben ihre „Alten“ in den Familien mit entsprechender Technik ausgerüstet. Dankbar nutzen sie nun die Möglichkeit, auch sonntags, von Zuhause, noch im Schlafanzug am Frühstückstisch den heimischen Gottesdienst online mitzufeiern.
Es lohnt sich, bei YouTube unter der Überschrift „St. Anna Struth“ einige Höhepunkte dieser Missionstage online anzuschauen. Lassen Sie sich beschenken mit neuen Einsichten und Anregungen. Gerade in dieser Corona Zeit, in der man manchmal den Eindruck hat, dass Glauben und Kirche weit weggerückt sind, dürfen Sie so vielleicht auch wieder neu entdecken, wie wertvoll der Glaube ist und wie er uns trotz Corona zusammenführt. In unserer Gruppe, sind wir jedenfalls begeistert.
Pfarrer Bolle blickt der Fusion optimistisch entgegen. „Wir sitzen alle in einem Boot und haben alle die gleichen Sorgen und Probleme. In der Großgemeinde sind wir ein Team und niemand ist ein Einzelkämpfer. Den Gemeindemitgliedern ist wichtig, was um ihren Kirchturm herum passiert. Eine Figur der heiligen Anna ist seit vier Wochen in den Gemeinden unterwegs, wird von Haus zu Haus mit einem entsprechenden Gebet weitergegeben und soll helfen, die Gläubigen untereinander zu verbinden.“
Auf das Video angesprochen, sagte er, dass Großbartloff an diesem Wochenende Corona-Hotspot war und kein Gottesdienst stattfinden konnte. So kam man auf die Idee, mit dem Segen Gottes durch das Dorf zu fahren. Es fand sich jemand, der ein Duo-Moped hatte und Pater Felix war sich für diese Aktion nicht zu schade. Es war beeindruckend, die Reaktion der Menschen zu sehen. Viele winkten aus dem Fenster oder traten vor ihre Häuser und manchem rollten vor Ergriffenheit die Tränen. Solche Aktionen entstehen aus der Ohnmacht vor der Krise und zeigen, dass mit einem festen Glauben, aber auch mit einem Augenzwinkern, im Eichsfeld Unglaubliches möglich ist.
Gisela Reinhardt