Entfernter Ufersaum. Foto: Wilhelm Roth

Wilhelm Roth aus Heiligenstadt ist ein großer Naturfreund und möchte hier seine Eindrücke zum Teich im Kurpark schildern: Der Heiligenstädter Herzteich im Kurpark ist eine erlebnisreiche Sehenswürdigkeit. Vor Jahrzehnten gab ich voller Entdeckerfreude in gebückter Haltung einem weißen Schwan meine Semmelstücke und bekam von ihm dafür fauchend einen schmetternden Flügelschlag auf meine Wange. Er verteidigte doch nur sein brütendes Weibchen auf dem abgesperrten Weg.

Als ich nach Jahren zur Frühjahrszeit meine heimlichen Beobachtungen für den Kurparkfilm einfing, erweckte ein brütendes Paar der schwarzen Schwäne meine Neugier. Sie stammen aus Australien und brüten bei einem guten Futterangebot ab Silvester dreimal, wobei die erste Brut noch auf dem Eise läuft. Das Schwanenmännchen war mein Freund, nachdem es mich zweimal beim Filmen schmerzhaft gebissen hat und ich beinahe im Herzteich badete. Als über Nacht das Schwanenmännchen mit drei Jungen vermutlich von einem Dieb gestohlen wurde, blieb die Schwanenmutter mit ihrem verbliebenen Sprössling allein und rief zwei Wochen vergebens nach ihrem Partner. Jahrelang führte die Schwanenmutter dann eine erfolgreiche Ehe mit ihrem Sohn.

Erpel der Mandarinenente. Foto: Wilhelm Roth

Die Lebendigkeit auf dem Herzteich wird von einer bunten, lauten, auch gekreuzten Entenschar beherrscht. Die Vielzahl der Fische, besonders die großen Rotfedern, ist beim Futterschnappen zu erkennen. Der Graureiher entschwand mehrmals vor meiner Kamera  – er hat auf jeder Feder ein Auge – bis er sich endlich trotzig den Kurparkfreunden zeigte.

Die Grünfüßigen Teichhühner, die 20 Jahre lang den Herzteich nicht besuchten, besetzten mit zwei Bruten dieses Revier. Die Jungvögel der ersten Brut füttern und betreuen ihre kleinen Geschwister. Sie klettern gern bis zu den Spitzen eines am Ufer stehenden Strauches, um dann von oben mutig in den Teich zu fliegen. Ein zweites Brutpaar drang in ihr Revier ein und es kam fast zu einem tödlichen Kampf mit dem Verlust ihres Geleges. Der Eindringling baute sich unerfahren ein neues Nest mit vier Eiern, welches verschuldet am Ufer versank. Ein Stockentenweibchen führt ihre Jungen zu einem großen Grasbüschel zum Mittagsschlaf. Die Besucher auf der Bank erfreuen sich an dieser Vielfalt der Natur.

Entferntes Schilfried. Foto: Wilhelm Roth

Dann gab es einen Donnerschlag, nein, nicht vom Himmel, sondern auf der Erde! Der Heiligenstädter Bauhof hat das gesamte Ufer des Teiches tiefgründig abgeräumt und die Sträucher entsorgt! So verliert die Entenschar zeitweise ihren Schutz- und Lebensraum. Die unendliche Zahl der Insektenstuben hat in den bisher schützenden Schilf- und Kräuterstauden ihren Entwicklungsraum für Käfer, Schmetterlinge und Libellen verloren. 

Bei allem Respekt vor der Dienstleistung des Bauhofes kann dieses Vergehen an der Natur nur als Dummheit und krankhafter Reinigungssinn betrachtet werden. Der Gesetzgeber erlaubt (nach Beantragung) außerhalb der Vegetationszeit nur eine kleinteilige Pflege, um dem Biotop nicht seine Lebenskraft zu nehmen.

Als Begründung wird für diesen Eingriff wurde eine Kontrolle einer eventuellen Ausspülung des Uferstreifens, die eine Betretungsgefahr für Kinder darstellen könnte, angegeben. Nun könnten diese näher zum Wasser treten. Schlagen denn im Herzteich, der erst vor wenigen Jahren entschlammt wurde, nun die Ostseewellen?

Da die Untere Naturschutzbehörde dieses „Geldbewährte Vergehen“ nur mit einem mahnenden Schulterschluss beurteilt, erhebe ich meine sinnliche Anklage zur Wahrung der Gerechtigkeit! Viele Vergehen des „kleinen Bürgers“ werden unmissverständlich geahndet und in diesem einschneidenden Fall wird das Gesetz offensichtlich gebeugt.  

Haben die Bürger unserer Kurstadt Heilbad Heiligenstadt dazu keine Meinung? Wie lange wird es dauern, bis eine Freude spendende Seele einkehrt und der Eisvogel seine Ansitzwarte auf einem Zweig wiederfindet?

Wilhelm Roth

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