Heilbad Heiligenstadt. Vor 100 Jahren wurde eine Stileiche (Querus robur) als Grenzmarkierung zwischen zwei  Grundstücken am Richteberg und Hungraben in Heiligenstadt gepflanzt. Sie ist mit 13 m Höhe, einem Kronenschirm von 7 m sowie einem Stammdurchmesser von 70 cm herangewachsen.  So beurteilt ein Baumgutachter aus Göttingen den Auftrag des Unternehmers vom  Richteberg zur Fällung der Eiche als Gefährdung seines bebauten Grundstückes.

Begründet wurde dies nach sieben Wachstumsparametern: Kronenstruktur,  Totholzbildung, Widerstand gegen Krebs und Schädlinge, Wundholzbildung, Blühfähigkeit  und Belaubung mit der erstaunlichen Vitalitätsnorm von 1-2 (der höchsten oder  niedrigsten?). 

Sein Urteil lautet: “Aufgrund der vorgefundenen Defektsymptome sowie der  eingeschränkten Vitalität ist eine Fällung zu empfehlen“. Die Anwendung einer  Zugkräfteprüfung zur Standsicherheit bei Sturm wurde nur vermerkt. 

Als der Unternehmer dieses ungewöhnliche Grundstück als Platz an der Sonne erwarb, ist die tiefe Hanglage zur Straßenseite abgebaggert und mit hohen doppelten Betonstelen  bewehrt worden, um ausreichende Bauplanung für das Gebäude zu erhalten. Zum Nachbargrundstück der Eiche war zur zeitlichen Einsicht eine alte Mauer entfernt, die das Kappen einer starken, vermodernden Wurzel erkennen ließ, welche „als  lebensbedrohliche Fäulnis“ für die Eiche bewertet wurde. 

Als Ausgleich der Nährstoff- und Wasserversorgung wurde frühzeitig ein seitlicher  Hauptast abgesägt, dessen Narbe wie auch an einer kleinen Fläche über dem  Wurzelbereich als 2 cm starke gesunde Wundheilung nach eigener Prüfung zu bewerten  ist.  

Nur ein abgesägter kurzer Totholzast ist ersichtlich sowie das Beschneiden von gesunden  schwachen Baumspitzen zur Sicherung einer begründeten und abständigen  Hausdachgefährdung. Notwendig ist die Festlegung eines Trockenkranzes mit  Erdauffüllung zum Schutz der bereits angegrabenen Wurzelseite. 

Bereits vor 9 Jahren wurde die Fällung dieser Eiche beim Ordnungsamt beantragt und  abgelehnt. Da dieser Baum auf einer gemeinsamen privaten Grenzfläche steht, ist er im  Baumkataster von Heiligenstadt nicht verzeichnet und unterliegt daher einer privatrechtlichen Bewertung bzw. Einigung. Die Baumsatzung gilt jedoch  genehmigungspflichtig für alle Bäume, die zu einer naturverbundenen Pflege und  Bewahrung gehören. 

Dies ist eindeutig ein „Honorargutachten“ von einem Baumpfleger, der zudem kein  öffentlich bestellter Sachkundiger ist, obwohl diese im Eichsfeld zu Diensten sind.  Leider ist die Einsicht zur Bauplanung der öffentlichen Belange und damit zum Schutz der  Eiche nicht gegeben.

Diese Stileiche zeichnet sich durch ihre kraftvolle Lebensfähigkeit in der Zeit des  Baumsterbens und des Klimawandels mit Trockenheit und Stürmen aus. An diese einst  eichsfeldtypische Baumart sind bis zu 1360 Insektenarten gebunden. 6 Spechtarten,  zahlreiche Vögel sowie Fledermäuse und Siebenschläfer in Höhlen, Spalten und Totholz  finden in alten Eichen zur Stärkung der Biodiversität (der Artenvielfalt) ihren Brut- und  Nahrungsraum. 

Deshalb ist eine erneute Ablehnung einer Rodung durch das Ordnungsamt eine gute  Nachricht und somit die Durchsetzung des Naturschutzverlangens vieler Bürger. 

Ihre Symbolträchtigkeit auf dem Richteberg mit der Siedlungsgemeinschaft des  Hungrabens mag auch die Sinnlichkeit des geliebten Eichsfeldliedes zu erwecken. 

Wilhelm Roth, Heilbad Heiligenstadt

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