Landrat Dr. Werner Henning richtet einen Hilferuf an Bund und Land: „Die deutsche Staatlichkeit fußt wesentlich auf gemeindlichen Strukturen, deren Selbstverständnis sich in einem hohen Maß am Bild der erweiterten Nachbarschaft begreift. Das sollte die Politik auch im Vollzug ihrer Gesetze nicht ausblenden, wie im aktuell zu verfolgenden Umsetzungsprozess der schon am 10. Dezember 2021 im Deutschen Bundestag beschlossenen Impfpflicht in medizinischen und pflegerischen Berufen nachverfolgt werden kann.
Die inhaltliche Begründung sowie der Werdungsprozess des Gesetzes ist das eine – die Erreichbarkeit einer breiten Bevölkerung das andere. Vieles davon ist eine neuzeitliche Glaubensfrage. Die Politik hat in den zurückliegenden Jahren – und besonders im Osten – den alten Fehler der Moderne wieder kräftig fortgeschrieben, ausschließlich auf rationale Begründungen bei Entscheidungsfindungen abzustellen und nur über diese Schiene Zustimmung beim Wähler eingeworben.
Das reicht nicht aus.
Ganz ungeachtet der erschreckend hohen Zahl an wöchentlichen Demonstranten auf den Straßen geht es einfach nicht, demnächst ganze Bereiche in der Grundversorgung der Bevölkerung zu gefährden und dann noch die Gemeindeebene, zumindest in den ihr übertragenen staatlichen Administrationszuständigkeiten, mit der Umsetzung und der Sanktionierung dieser Geradeauspolitik zu befrachten. Wohin das führt, haben wir jüngst in Gera vor dem Wohnhaus des Oberbürgermeisters gesehen. Da reichen auch die Erklärungen und Solidaritätsbekundungen der Thüringer Landesregierung nicht aus.
Landräte und Bürgermeister sind zuallererst Gemeindediener und nicht staatliche Vollstrecker. Wir können und dürfen uns nicht zwischen dem Staat und unseren Gemeinden aufreiben lassen. Die Bundes- und Landespolitik möge das bitte zur Kenntnis nehmen und ihre Gangart anpassen.“
Dr. Werner Henning, Landrat