Zwei einjährige Braunbären und eine Kragenbärin wurden aus der Ukraine gerettet. Ein Team der Stiftung für Bären vom Bärenpark Worbis hatte sie direkt aus der Ukraine geholt. Der Alternative Bärenpark Worbis wird vorerst neues Zuhause. Warum und wie die Aktion verlief, lesen Sie hier in einem Bericht von Bernd Nonnenmacher, dem Geschäftsführer des Alternativen Bärenparks, der den Einsatz leitete…

Auf der Fahrt ins Ungewisse.
"Mit Schrecken wurden wir Zeuge, welches unfassbares Leid – sowohl bei Tier als auch beim Menschen – dieser schreckliche Krieg verursacht. Aber es ist bemerkenswert, welcher Zusammenhalt in dieser Krise entsteht. Unter Einsatz des eigenen Lebens wird Hilfe geleistet. Was möglich ist, wenn Tierschutzorganisationen Hand in Hand und unter enormen Druck zusammenarbeiten, ist überragend. Wir bedanken uns bei den beteiligten Organisationen. Wir stehen in vollster Solidarität mit dem ukrainischen Volk und hoffen von Herzen, dass dieser furchtbare Krieg ein baldiges Ende findet.“
Bernd Nonnenmacher, Einsatzleiter

Gegen 17:00 Uhr trifft ein fünfköpfiges Einsatzteam der Stiftung für Bären am 16. März 2022 im Alternativen Bärenpark Worbis ein. Hinter ihnen liegt eine nervenaufreibende Rettungsaktion aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine. Drei Tage im Ungewissen, zwei schlaflose Nächte und über 2000 Kilometer liegen hinter dem Team um Einsatzleiter Bernd Nonnenmacher. Doch es hat sich gelohnt – insgesamt konnten drei Bären aus der Ukraine gerettet werden. Zwei von ihnen, die einjährigen Braunbären Popeye und Asuka, werden vorerst im Thüringer Tierschutzprojekt der Stiftung für Bären bleiben, die Kragenbärin Malvina findet im Tierschutzzentrum Weidefeld des Deutschen Tierschutz Bundes ein neues Zuhause. Wie lange die beiden Jungbären im Alternativen Bärenpark Worbis bleiben werden ist von der Lage in der Ukraine abhängig.

Die Aktion ist eine Zusammenarbeit zwischen der Stiftung für Bären, White Rocks Shelter, Bears in Mind Netherlands, Vier Pfoten und dem Deutschen Tierschutzbund und der polnischen Koordinatorin Agnieszka Sergiel.

HILFERUF AUS DEM KRIEGSGEBIET | Am Mittwoch, den 9. März 2022, erhält die Stiftung für Bären einen Hilferuf aus der Ukraine. Zahlreiche Einrichtungen in denen Wildtiere leben, darunter auch Tiger, Elefanten, Löwen und Bären, fallen der russischen Armee zum Opfer. Aufgrund der Kriegssituation muss auch das Tierschutzprojekt White Rock Shelter, gut 40 Autominuten von Kiew entfernt, evakuiert werden. Es geht um Leben und Tod. Zunächst werden die Bären zur BEARS SANCTUARY DOMAZHYR (Ukraine) gebracht, einem Bärenrefugium der Vier Pfoten in der Ukraine nahe der EU Grenze zu Polen.

Doch die Einrichtung ist mit den weiteren Tieren von White Rocks Shelter überfüllt, hier können die Tiere nicht bleiben. Es kommt zu einer sagenhaften Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. Hand in Hand organisieren Tierschutzorganisationen einen Transport aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland, auch die Stiftung für Bären sagt ihre Hilfe zu. Plan: die Tiere werden von den ukrainischen Tierschützern an die Grenze gebracht und in Niemandsland zwischen Polen und Ukraine übernommen.

FAHRT INS UNGEWISSE | Montag, 14. März 2022. Ein fünfköpfiges Team um Einsatzleiter Bernd Nonnenmacher bricht um 7:00 Uhr im Alternativen Bärenpark Worbis auf Richtung Ukraine. Das Ziel ist klar, die Reise ungewiss. Was die Tierschützer erwarten wird bleibt bis zum Schluss im Verborgenen. Wie ist die Situation an der Grenze? Werden die unschuldigen Tiere heil aus der Ukraine kommen? Wie nah rücken die Gefechte Richtung Westen?


Tatsächlich spitzt sich die Lage kurz vor der Abreise zu. Luftangriff auf einen nahegelegenen Militärstützpunkt findet statt. Eine Übernahme im Niemandsland zwischen den Grenzen wie geplant ist nicht möglich, da eine dortige Übergabe aufgrund EU Regularien nicht mehr zulässig ist. Kurzerhand entscheidet sich die Stiftung für Bären dafür, die Tiere direkt aus dem Kriegsgebiet abzuholen.

In DER REGION LWIW | Das Team teilt sich auf. Während die Leiterin des Alternativen Bärenparks Worbis Sabrina Schröder mit ihren Kollegen Heike Lindemann und Christopher Schmidt ihr Lager nahe an der Grenze aufbauen, brechen Bernd Nonnenmacher und Rüdiger Schmiedel auf ins Kriegsgebiet. Vor ihnen liegt eine surreale Fahrt durch die Region Lwiw. Militär und Milizen sind an jeder Ecke präsent. Doch sie haben Glück – es bleibt ruhig. Sie kommen unbeschadet in Domazhyrm (40 Autominuten von Lwiw entfernt) an und können die Tiere entgegennehmen.

Auf ihrer Rückreise zurück in die EU werden sie Opfer bürokratischen Wahnsinns – 13 Stunden vergehen, ehe sie die Grenze endlich passieren können. Erst am Mittwochmorgen gegen 4 Uhr treffen sie wieder auf ihre Kollegen und treten den langen Rückweg an.

Ein großer Dank an die Beteiligten dieser Rettungsaktion: an Agnieszka Sergiel, Koen Cuyten von Bears in Mind Netherlands, dem gesamten Team von Vier Pfoten in Domazhyr, dem Team von Vier Pfoten Deutschland, Yegor Yakovlev und Maryna Shkvyria von White Rock Shelter, Patrik Boncourt vom Deutschen Tierschutzbund, das Einsatzteam der Stiftung für Bären Bernd Nonnenmacher, Rüdiger Schmiedel, Sabrina Schröder, Christopher Schmidt und Heike Lindemann.

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