Stimmen des Kollegiums der Bergschule, kath. Gymnasium St. Elisabeth, über die Zeit des digitalen Lehrens – eine Zwischenbilanz nach einem Jahr Pandemie.

In diesen Tagen ist viel die Rede davon, was in der Zeit des Distanzlernens in den Schulen alles nicht läuft. Hier passt die Technik oder der Internetzugang  nicht, da fehlt die Zeit in den Elternhäusern, das Geld oder der Raum für einen Arbeitsplatz  im häuslichen Rahmen oder alles zusammen. Weder seien die Lehrer und schon gar nicht die Schüler auf diese Situation vorbereitet. All diese Unvollkommenheiten und Probleme sollen nicht bestritten werden oder in den Hintergrund treten.

Daneben haben aber nun alle in dem knappen Jahr schon wichtige Erfahrungen sammeln können. Jeder, der in Bildungseinrichtungen tätig ist, Lernende wie Lehrende, weiß inzwischen, was schon geht und was noch nicht, was es an Angeboten gibt und wo diese auch ihre Grenzen haben. Jeder weiß, was er kann, wo er sein eigenes Arbeitsverhalten korrigieren muss und kann und wo er Hilfe braucht. Den Lehrenden ist längst bewusst, wo im Einzelfall ein ganz besonderes Augenmerk auf Lernende gerichtet werden muss.

Eine Gruppe wird in all diesen Diskussionen weniger gehört. Das sind die Lehrer*innen, die in dieser neuen Situation des distanzierten Lernens die Erfahrung eines „Mehrwerts“ machen konnten, also die gesehen haben, wo es besser lief als vorher. Einige der Kolleg*innen des Gymnasiums Bergschule St. Elisabeth, darunter erfahrene wie Frau Gabriele Richter, Frau Anja Schwanstecher, Frau Mechthild Groß-Thebing, Herr Edgar Weidemann sowie Newcomer wie Frau Laura Leppert, Frau Julia Restle  und andere hier nicht genannte haben sich zu ihren positiven Erfahrungen in diesem letzten Jahr des virtuellen Lehrens geäußert.

Besonders vier unerwartet positive Beobachtungen stehen dabei für die Kolleg*innen im Vordergrund:  Die Effektivität des Arbeitens, Raum für Spaß und Kreativität, Entwicklung der Medienkompetenz und paradoxerweise die Entwicklung von Teamgeist und Kommunikationsvermögen.

Effektivität des Arbeitens – Frau Schwanstecher etwa fasst ihre Erfahrungen so zusammen: „… sehr nett geschriebene Rückmeldungen, Bemühen um pünktliche Abgabe der Arbeitsaufträge , sorgfältig recherchierte Informationen oder auch besonders ansprechende Präsentationen, weil die Schüler ihr Zeit besser einteilen und somit an der Aufgabe dran bleiben können und nicht von der nächsten Stunde ‚gehetzt‘ werden; … in der Oberstufe ein besseres Verständnis für die Arbeitsorganisation für zu Hause und auch für das zukünftige Studium; ….Von unserer Seite sind individualisierte (geschützte) Rückmeldungen an die Einzelnen viel einfacher, …“

Das Gymnasium St. Elisabeth nutzt seit dem Schuljahr 2020/21 die Lern- und Verwaltungsplattform „Xschool“.  Die in Skandinavien jahrzehntelang erprobte Lernumgebung wird nach den Winterferien ergänzt durch das Videokonferenzmodul „Sdui“. Beide Anwendungen sind Datenschutzkonform und für die Schüler*innen kostenfrei.

Noch stärker als im analogen Unterricht erfordert die neue Situation im schulisch angeleiteten Lernen zuhause eine klarere und neue Organisationsstruktur. Tages- und Wochenpläne takten den Alltag ein, sichere Kommunikationswege müssen funktionieren. All das galt es ohne Vorwarnung in diesem letzten Jahr zu finden. Bemerkenswert schnell hätten viele Schüler*innen ein Organisationsvermögen entwickelt und sich darauf eingelassen, ihren Schultag selbstständig zu strukturieren und unter „multitasking“ Bedingungen ein  eigenes Zeitmanagement zu entwickeln.   Dadurch, dass die Aufgaben im Netz belassen würden, könnte dem je individuellen Lerntempo der einzelnen Lernenden eher Rechnung getragen werden, als das analog der Fall sei.  Es käme zu einer wohltuenden „Entschleunigung“ und durch das Ausschalten des üblichen „Schullärms“  und der Ablenkungen im Klassenraum könne so manche/r sich besser konzentrieren und zielgerichteter arbeiten. Es sei deutlich spürbar, dass die Schwierigkeiten, sich in der neuen digitalen Umgebung zurechtzufinden, abnähmen und sich mehr und mehr eine quasi professionelle Alltagsbewältigung etabliere.

Die Anforderungen an die Lehrkräfte hätten sich stark verändert. Der Lernstoff müsse konzentriert und in kleine „Aufgabenhäppchen“ aufgeteilt werden, Fähigkeiten wie Kreativität, Geduld, Mut, Durchhaltevermögen und der Wille zu intensiver Beziehungsarbeit seien jetzt besonders gefragt. Ein Vorteil der digitalen Zusammenarbeit sei unbestritten, nämlich dass die Lehrkräfte verstärkt im individuellen Dialog mit den Lernenden stünden – eine Feststellung, die im großen Klassenraum mit vielen Menschen nicht immer gegeben sei. „Wegducken“ ginge nicht mehr so leicht. So könne man jetzt mit zurückhaltenden Schüler*innen leichter ins Gespräch kommen und ihnen eine Plattform für gute Leistungen bieten. Lägen im Präsenzunterricht die Herausforderungen für Lehrkräfte auf der Schnelligkeit der schulischen Abläufe, der gleichzeitigen Erfüllung verschiedener Rollen (Erzieher, Fachkraft, Dompteur, Berater, Supervisor usw.) und der Bewältigung von Lärm, Hitze oder Kälte in den Klassenzimmern, so nähmen jetzt insgesamt die Vor-und Nachbereitrung des digitalen Unterrichts den Hauptteil der Zeit in Anspruch.

Zudem stellten die befragten Lehrkräfte fest, dass das digitale Arbeiten paradoxerweise den Teamgeist fördere. Lehrende wie Lernende freuten sich, in einem digitalen Raum zusammen arbeiten zu können und nicht nur alleine zuhause Aufgaben zu erledigen. Man komme sich vor wie ein Entdecker, der neugierig ausspähe, was es alles um einen herum gebe. Das stelle Vorbereitung z.B. für ein Referat auf solide Füße.

Medienkompetenz – Die meisten Kinder seien sehr experimentierfreudig, sodass sie Grundkompetenzen im Umgang mit den Medien hätten entwickeln können. Gleiches gelte auch für Lehrkräfte, besonders für die, die diesen Schritt bislang eher gescheut hätten. Tätigkeiten wie Down- und Hochladen von Dateien, Erkennen und Erstellen verschiedenster Dateiformate, Erstellung und Einsatz von Video- und Audio-Funktionen würden für alle Seiten von Tag zu Tag selbstverständlicher und nicht mehr wegzudenken.

Beruhigend sei, dass sich auch die inhaltlichen Medienkompetenzen in schnellem Tempo entwickelten. Die Unterscheidung von zuverlässigen Inhalten und solchen, die eher dem „Fake-News“ -Bereich zuzuordnen sind, gelänge besser und besser. Mit kritischem Blick könnten die Schüler*innen entscheiden, welche Texte sie weiterbrächten und welche eher ungenau („Geschwafel“) oder gar unwissenschaftlich seien.  Sichere Unterscheidungs-kriterien bildeten sich aus und so entstünden mehr und mehr kompetente Leser und Mediennutzer.  Voraussetzung, so die Lehrkräfte, sei aber die genaue konsequente Planung am besten nach Wochenplänen innerhalb einer Organisationsplattform wie etwa XSchool.

Distanzlernen macht Spaß – Lehrende wie Lernende könnten ihrer Experimentierfreude freien Lauf lassen. Neue Lernwege würden entdeckt, interaktive  „Brain-Storming“ Anwendungen brächten Abwechslung in den Unterricht und das Erstellen von Erklärvideos sprächen ganz andere Ebenen der Auseinandersetzung mit dem zu lernenden Stoff an als bisher. Sogar das Einüben von kleinen Theaterstücken im Rahmen einer „Märchenwerkstatt“ sei erfolgreich versucht worden. Die Voraussetzungen sind ist ein geschützter digitaler Raum,  eine gewisse Unerschrockenheit im Ausprobieren unbekannter Tools und wie so oft gelte „Learning by doing“. Erfreut und erleichtert nehmen die Kollegen zur Kenntnis, dass insgesamt der Weg des digitalen Lehren und Lernens nach Jahrzehnten des Wartens Fahrt aufnimmt und damit der Anschluss an eine moderne Bildungslandschaft  endgültig beschritten sei.

Fazit – Nimmt man alles zusammen, so  möchten auch in der Zukunft jenseits der Pandemie die Kolleg*innen auf vieles nicht mehr verzichten. Die schnelle und direkte Kontaktaufnahme durch Xschool sei eine Bereicherung,  die in der Schule unerlässlichen Verwaltungsaufgaben (Klassenbuch, Notenlisten usw.) seien für alle eine Erleichterung und nicht zuletzt gebe einem das papierlose Arbeiten ein gutes Gefühl in Bezug auf die Umwelt. In Xschool könnten alle Lehrer leicht erreicht werden und im Krankheitsfalle Schüler*innen problemlos mit Material versorgt werden. Unterricht in der Zukunft müsse ganz neu gedacht werden.  In Präsenzphasen müsste die Handhabung der Lernsoftware sicher geübt werden, um die Schüler*innen zum selbstständigen Lernen zu befähigen, damit der Unterricht  dann auch außerhalb des Klassenzimmers stattfinden könne. Auch auf die Einbindung interaktiver Anwendungen möchten die meisten Kolleg*innen nicht mehr verzichten.

Trotz aller Einschränkungen und Klagen, die es auf allen Seiten in Bezug auf digitales Beschulen noch gibt, empfinden aber unsere Lehrkräfte diese „Zeit als das Zusammenfügen wichtiger Bausteine, um eine gemeinsame Zukunft gestalten zu können“ (Zitat unseres Schulpfarrers Markus Könen).

Am Ende der Pandemie – und da sind sich alle Kolleg*innen einig – freue man sich auf die Zeit, in der man alle Steine zu einem Großen ganzen zusammenfügen könne. Vor allem aber freue man sich auf das physische Miteinander im „face-to-face“ – Modus, zusammen mit den Möglichkeiten, die durch die digitale Schule Alltag geworden sind.

Ulrike Plath