Pfr. Gregor Arndt: Es ist wieder so weit – Kinder schauen nach Kastanien aus und halten bunte Blätter in den Händen. Blätter, die von der Schönheit eines Indian summer erzählen und zugleich vom Absterben der Natur. Die Bibel kennt zwei große Gründungsgeschichten unserer Welt. Die ersten Seiten des Buches Genesis zeigen in sieben Strophen das Entstehen einer wunderschönen Erde. Die Geschichte der Sintflut zeigt deren Gefährdung. 

Nur beide Erzählungen zusammen werden der Realität unseres Lebens gerecht. Und in beiden sitzt schon der Stachel der anderen: der Engel, der Adam und Eva aus dem Paradies treibt genauso wie der Regenbogen Gottes über der Sintflut. Kurz und gut: christlicher Glaube und dessen Hoffnung sind gefordert, allen programmatischen Pessimisten die Erzählung vom Garten Eden entgegenzuhalten, sowie allen wirklichkeitsfernen Optimisten die Realität der Sintflut.

Die Zeit eines vermeintlich ewigen Fortschritts ist vorbei. Dürre und Flut werden abwechseln mit Aufbau und Neuland. Die Aufgabe nicht nur von Christen bleibt dann, den Verzweifelten mit der Geschichte vom Garten Eden und mit dem Regenbogen Gottes Mut zu machen; in Zeiten des sorglosen Lebens die Geschichte von der Sintflut und des Engels am Rande des Garten Edens nicht zu verschweigen. Der melancholische Atheist Wolf Biermann formuliert es in einem Lied so: „Wer Hoffnung predigt, tja der lügt. Doch wer die Hoffnung tötet, ist ein Schweinehund“…

Und da reicht mir die kleine Anna ihr schönstes Kastanienblatt. Und ich entdecke: Absterben und Schönheit, Trauern und Staunen gehören zusammen.

Einen gesegneten Herbst                                                          

Pfarrer Gregor Arndt

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