Die einen gehen gern zur Schule, andere wiederum nicht. Das ist heute so und war schon immer so, wie die Älteren jetzt sagen würden. Das Kind soll schließlich lernen und einmal viel wissen, möglichst mehr als die Eltern. Die Corona-Pandemie hat in den zurückliegenden Monaten keinen Schulbesuch erlaubt. Erst nach den Ferien ging es wieder los. Die meisten Eltern waren froh, dass die Kinder wieder in die Schule konnten. Doch einige möchten Homeschooling beibehalten. Schule zu Hause – das ist das  Bestreben dieser Eltern.

Im Landkreis Eichsfeld sind es rund 20 Eltern, deren Wunsch es ist, ihre Kinder nicht mehr zur Schule schicken zu müssen. Und es gibt bereits einige Eltern, die das auch praktizieren. Als “Freilernen” wird es beschrieben. Doch wie verhält es sich – für die einen gilt die Schulpflicht – für die anderen nicht?

Im § 23 des Thüringer Schulgesetzes heißt es 

1) Die Schulpflichtigen haben am Unterricht regelmäßig teilzunehmen und die übrigen als verbindlich erklärten schulischen Veranstaltungen zu besuchen.

(2) Die Eltern sind verpflichtet, die minderjährigen Schulpflichtigen zum Schulbesuch anzumelden; § 20 Abs. 3 bleibt unberührt.

(3) Die Eltern und diejenigen, die mit der Erziehung und Pflege Schulpflichtiger beauftragt sind, haben dafür zu sorgen, dass minderjährige Schulpflichtige ihre Verpflichtung aus Absatz 1 erfüllen.

(4) Für Ausbildende und Arbeitgeber, die Berufsschulpflichtige beschäftigen, sowie die von ihnen Beauftragten gelten die in den Absätzen 2 und 3 genannten Verpflichtungen sowohl hinsichtlich minderjähriger wie volljähriger Berufsschulpflichtiger entsprechend. Dem Berufsschulpflichtigen ist insbesondere die zur Erfüllung der schulischen Pflichten sowie die für die Mitarbeit in der Schülervertretung erforderliche Zeit zu gewähren.

Dr. Bernd Uwe Althaus, Nordthüringer Schulamtsleiter: “Die Schulleitung hat die Aufgabe der Schulpflichtüberwachung und muss notwendige Schritte im Fall des Verstoßes gegen diese Regelung einleiten. War im letzten Schuljahr pandemiebedingt die Präsenz von Schülern im Unterricht nur teilweise möglich, sind die Bedingungen und Regelungen im Schuljahr 2021/2022 so, dass wieder eine grundsätzliche Besuchspflicht besteht. Die Schulen engagieren sich sehr dafür, mit allen Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern diesen „Wiedereinstieg“ erfolgreich zu gestalten. Durch ein Landesaktionsprogramm werden die Schulen auch in ihrer engagierten Arbeit unterstützt.”

In Deutschland besteht zweifelsfrei eine gesetzlich verankerte Schulpflicht. Und zwar neun bis zehn Jahre. Allerdings ist die Schulpflicht nicht im Grundgesetz der Bundesrepublik verankert, sondern obliegt den Bundesländern, in diesem Fall ist das Thüringer Schulgesetz grundlegend.

 Auf Einladung des Landrates der Landkreises Eichsfeld,  Dr. Werner Henning, fand am 17. November 2021 eine Zusammenkunft statt, an der neben dem Landrat und den zuständigen Fachämtern das Staatliche Schulamt und die Polizeiinspektion Heiligenstadt teilnahmen. Eingeladen waren Eltern, deren Kinder derzeit ihre Schulpflicht nicht erfüllen. Den Eltern wurden die rechtliche Situation und die möglichen Konsequenzen der Verletzung der Schulpflicht dargestellt. Es besteht das Ziel, aber auch der klare Auftrag, umgehend wieder den Besuch der Schule zu sichern, so Dr. Althaus.

  • 24 ThürSchulG Schulzwang

(1) Ein Schulpflichtiger, der ohne berechtigten Grund seinen Verpflichtungen aus § 23 Abs. 1 nicht nachkommt, kann der Schule zwangsweise zugeführt werden, wenn andere pädagogische Mittel, insbesondere persönliche Beratung, Hinweise an die Eltern, den Ausbildenden, den Arbeitgeber sowie die Einbeziehung des zuständigen Jugendamtes ohne Erfolg geblieben sind.

(2) Die Entscheidung über die zwangsweise Zuführung trifft der Schulleiter im Einvernehmen mit dem zuständigen Schulamt; die Durchführung erfolgt durch den für den Wohnsitz, für den gewöhnlichen Aufenthalt oder für den Beschäftigungsort örtlich zuständigen Landkreis oder die örtlich zuständige kreisfreie Stadt.

Nun gibt es einige Länder, die “Schule zu Hause” dulden, wie beispielsweise Österreich. Dort ist es allerdings so, dass die Kinder, die keine Schule besuchen, zweimal im Jahr eine Prüfung ablegen müssen, um zu sehen, dass sie den Schulstoff auch beherrschen. In anderen Ländern ist es ähnlich. In Ungarn ist Homeschooling legal für Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen keine Schule besuchen können. 

Recherchiert man im Netzt, so stößt man bei der Freilernen-Bewegung auf besondere Angebote, wie die Kinder zu Hause am besten lernen können. Da kommen Privatlehrer ins Spiel u.ä. Die Kosten liegen zwischen 100 und 500 Euro monatlich. Das können sich die wenigsten leisten. 

Es gibt in Deutschland Einzelfälle, wo ein Kind die Schule nicht besuchen kann. Diese Kinder sind nur von der Schule befreit, wenn ihnen Bildungs- und Schulunfähigkeit attestiert wird.  (Dies betrifft Kinder, die in einem so großen Ausmaß körperlich, geistig oder seelisch behindert sind, dass ein Schulbesuch unmöglich ist und selbst eine Förderung in einer Sonderschule ausgeschlossen werden kann. – ergo.de/rechtsportal).

Doch nun zurück zu den Eltern im Eichsfeld, die ihre Kinder nicht mehr zur Schule schicken, weil sie mit Schulzwang und dem Schulsystem nicht einverstanden sind. In der Zusammenkunft wurde ihnen unmissverständlich klar gemacht, mit welchen Konsequenzen sie rechnen müssen. Sie reichen bis zu Bußgeld und letztlich einem “Schulweg-Service” durch die Polizei. Laut Gesetz kann es sogar in Freiheitsstrafe für die Eltern enden, wenn sie ihre Kinder über einen längeren Zeitraum nicht zur Schule schicken.

Doch soweit soll es nicht kommen, erklärt Dr. Bernd Uwe Althaus. Es sollen alle Möglichkeiten gesucht werden, um hier einen Weg zu finden. Doch so lange Schulpflicht besteht, muss sie von allen eingehalten werden.

Übrigens: Auch in Thüringen ist es gestattet, Privatschulen zu gründen. Sie müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen und sind dann auch vom Staat anerkannt. Einige haben wir bereits im Eichsfeld, wie die Montessorischule Beuren, die Bergschule (Gymnasium)  in Heilbad Heiligenstadt, die Franziskus-Förderschule in Dingelstädt, die Tabaluga-Förderschule in Worbis und verschiedene private Bildungswerke und Berufsschulen. In Nordhausen gibt es die Montessori-Grundschule und eine Evangelische Grundschule. Mühlhausen hat als private Schule die Evangelische Grundschule, ev. Regelschule und ein ev. Gymnasium.

Aber auch eine Schule in freier Trägerschaft/Privatschule ist an die Schulpflicht gebunden. Gemäß Grundgesetz (Artikel 7) steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates und nach Absatz 3 gilt auch an Private Schulen das Landesgesetz.

Man muss sich aber auch die Frage stellen, wollen Kinder wirklich immer allein zu Hause lernen? Können es die Eltern stemmen, wenn sie selbst berufstätig sind? Über ein paar Wochen ist das sicher noch zu händeln, aber für eine Zeit von der 1. bis zur 10. Klasse? Wie ist es, wenn die Kinder später studieren wollen? Es gibt viele Fragen und sicher viele Antworten. Auch zum jetziges Schulsystem bzw. darüber, wie es manchmal im schulischen Alltag aussieht. Doch wäre es nicht besser, man spricht über die Probleme, versucht das, was Kinder an einem frohen Schulalltag hindert, aus dem Weg zu räumen? 

Ilka Kühn

 

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