Am gestrigen Montagabend, 2.8.2021, wurde in der ARD die Doku „Der Abzug – Die Afghanistan-Mission und was davon blieb“ ausgestrahlt. Der Film schildert den Verlauf des Bundeswehreinsatzes seit dem Beginn im Dezember 2001 bis zum vollständigen Truppenabzug am 30.6.2021. Nach Einschätzung der meisten Protagonisten ist die Afghanistan-Mission ein militärisches und politisches Desaster, das als nationales Trauma im Gedächtnis bleiben wird. Ein Beitrag von Michael Kruppe:

Auf deutscher Seite sind 59 tote Bundeswehrsoldaten zu beklagen. Die Zahl der Verletzten und Traumatisierten ist nicht bekannt.

Eine ganze Region stand unter Schock, als in der letzten Juniwoche des Jahres 2009 bekannt wurde, dass ein Bundeswehrsoldat aus dem Eichsfeld in Afghanistan beim Einsatz ums Leben gekommen sei. Hauptgefreiter Oleg Meiling vom Panzergrenadierbataillon 391 in Bad Salzungen (Wartburgkreis) war als Baby mit seiner Familie aus der Sowjetunion nach Deutschland übergesiedelt. Sie wohnten in Hausen bei Leinefelde, wo er die Schule besuchte und in der Fußballmannschaft des SC Leinefelde spielte. Ein Großteil seiner Familie zog später nach Erkrath bei Düsseldorf. Nach seinem Schulabschluss absolvierte Meiling zuerst eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, ehe er am 1.10.2007 in die Bundeswehr eintrat. Dort hatte er sich für vier Jahre als Zeitsoldat verpflichtet.

Erst eine Woche war Oleg Meiling in Afghanistan, als er am 23. Juni 2009 mit seiner
Besatzung bei einer Patrouillenfahrt mit dem Transport-Panzer „Fuchs“ nahe Kunduz
angegriffen wurde. Bei dem Gefecht kam das Fahrzeug von der Straße ab, rutschte in einen
Wassergraben, stürzte um und blieb auf dem Dach liegen. Vier Soldaten der siebenköpfigen Besatzung konnten sich aus dem Panzer retten. Für den Hauptgefreiten Alexander Schleiernick (23 Jahre), den Hauptgefreiten Oleg Meiling (21 Jahre) und den Hauptgefreiten Martin Brunn (23 Jahre) kam jede Hilfe zu spät. Sie waren nicht die ersten toten Bundeswehrsoldaten in Afghanistan und sie sollten auch nicht die letzten sein.

Die Trauerfeier für die drei Gefallenen fand am 3.7.2009 in der evangelischen Stadtkirche Sankt Simplicius in Bad Salzungen statt. Der damalige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung, der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhahn, und der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe, nahmen daran teil. Am 4.7.2009 wurde Oleg Meiling in Erkrath bei Düsseldorf beigesetzt. Die Anteilnahme war riesig. Ungefähr 800 Personen gaben ihm das letzte Geleit. Unter den rund 100 Trauergästen aus dem Eichsfeld befanden sich Schul- und Vereinskameraden, ehemalige Arbeitskollegen sowie der Bürgermeister von Leinefelde-Worbis, Gerd Reinhardt. Der Leinefelder Sportclub hatte im Internet ein Kondolenzbuch für Meiling eingerichtet. Seine Fußballfreunde vom SC Leinefelde reisen bis heute jedes Jahr nach Erkrath, um an seinem Grab Blumen niederzulegen. Auch eine eigene Internetseite erinnert an ihn.

Genau zwölf Jahre nach dem Unglück, am 23. Juni 2021, gedachte der Deutsche Bundestag in einer aktuellen Stunde den 59 Bundeswehrsoldaten, welche in Afghanistan ihr Leben verloren hatten. Die Namen der Hauptgefreiten Alexander Schleiernick, Oleg Meiling und Martin Brunn wurden stellvertretend auch für die anderen 56 gefallenen Kameraden verlesen. Die Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes wird noch Jahrzehnte dauern. Vergessen wird man die Toten jedoch nicht. Oleg Meiling war der erste Kriegstote aus dem Eichsfeld seit 1945.

Michael Kruppe

Print Friendly, PDF & Email