Vor den Gesprächen zwischen Bund und Ländern zur Einrichtung eines Härtefallfonds zur Überleitung von DDR-Renten ins bundesdeutsche Rentensystem an diesem Mittwoch haben Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (DIE LINKE.) und der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Weiler alle Beteiligten zu schnellem und umsichtigem Handeln aufgefordert. Gemeinsam waren sich beide nach einem Gespräch am Wochenende einig, dass endlich eine Lösung auf den Weg gebracht werden müsse.

„Es ist von zentraler Bedeutung, diese Gerechtigkeitslücke drei Jahrzehnte nach der Einheit zu schließen. Vor allem müssen sämtliche Fallgruppen inkludiert und nicht gegeneinander ausgespielt werden“, so Ramelow.

Großen Handlungsbedarf sieht Weiler bei den in der DDR geschiedenen Frauen: „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, diesen Frauen endlich zuzuerkennen, was ihnen zusteht. Niemandem darf ein Nachteil daraus erwachsen, wenn er sich im Leben zu einer Scheidung entschließen müssen hat. Dafür habe ich mich in den letzten Jahren auf Bundes- und Landesebene eingesetzt. Der Härtefallfonds muss nun zeitnah umgesetzt werden.

Auch dort, wo jüdische Zugewanderte und Spätaussiedler betroffen waren, ist der Bund in der Pflicht“, so Weiler. Er besteht darauf, dass die weiteren betroffenen Gruppen ebenso berücksichtigt werden.

Ramelow: „Bei den anstehenden Gesprächen werden wir weiterhin deutlich dafür werben, dass die noch zahlreichen offenen Fragen im Sinne der Betroffenen gelöst werden. Der Härtefallfonds muss Beleg für den Willen zur Anerkennung von Lebensleistung sein.“

Hintergrund:

Bei der Überführung der Alterssicherungssysteme der DDR in bundesdeutsches Recht wurden bestimmte Sondertatbestände des DDR-Rentenrechtes nicht übernommen bzw. nur unzureichend anerkannt. In der Folge bestehen nach wie vor Überführungslücken, so bei in der DDR Geschiedenen, Beschäftigten im Gesundheitswesen oder in der Braunkohleveredlung, bei pflegenden Angehörigen, mithelfenden Familienangehörige in Handwerksbetrieben, Ballettmitgliedern oder bei Personen mit Zeiten einer Aspirantur oder eines Sonderstudiums. Außerdem werden Jahresendprämien nicht als rentenwirksam anerkannt. Auch Zusatz- und Sonderversorgungen unter anderem von Ingenieurinnen und Ingenieuren, Akademikerinnen und Akademikern oder auch Angehörigen von Polizei, Armee, Zoll, Bahn und Post wurden nicht entsprechend übernommen. Die nicht erfolgte Anerkennung bzw. Übernahme bestimmter Sondertatbestände des DDR-Rentenrechts in das gesamtdeutsche Rentenrecht wird bis heute von vielen Betroffenen als Vorenthalten von Ansprüchen und Aberkennung von Lebensleistung bewertet.

Unter Bezugnahme auf die Festlegung im Koalitionsvertrag auf Bundesebene („Für Härtefälle in der Grundsicherung im Rentenüberleitungsprozess wollen wir einen Ausgleich durch eine Fondslösung schaffen. Entsprechendes wollen wir auch für die Gruppe der Spätaussiedler und der jüdischen Kontingentflüchtlinge prüfen.“) hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Ende März 2021 Eckpunkte für einen sogenannten „Härtefallfonds“ vorgelegt, mit dem für Angehörige bestimmter Berufs- und Personengruppen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rentenüberleitungsgesetzes am 1. Januar 1992 bereits einen erheblichen Teil ihrer Lebens- und Beschäftigungsjahre in der DDR zurückgelegt hatten, eine Abmilderung von finanziellen Härten in Form einer einmaligen symbolischen Zahlung erfolgen soll.

Weiterhin werden auch Forderungen unter anderem des Bundesrates dahingehend aufgegriffen, dass der Fonds auch Härten und enttäuschte Erwartungen in der Alterssicherung von jüdischen Zuwanderern und von Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion berücksichtigt.  Die Leistungen aus dem Fonds sollen über eine gemeinsam von Bund und Ländern zu errichtende und getragene Stiftung an Personen ausgezahlt werden, die mit sehr niedrigen Einkünften im Alter auskommen müssen. Ausgeschlossen sind in den Eckpunkten des Bundes aktuell bspw. die mithelfenden Ehefrauen. Ebenso gibt es aus den Ländern noch offene Fragen hinsichtlich der Finanzierung des Fonds. Die nächste Beratung zwischen Bund und Ländern zum Thema ist für kommenden Mittwoch, dem 12. Mai, geplant.

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