Das MDR-Fernsehen zeigt in den kommenden Wochen in einem Programmschwerpunkt mehrere DEFA-Filme von Regisseurinnen. Darunter finden sich Filmwerke von Iris Gusner, Evelyn Schmidt, Ingrid Reschke, Hannelore Unterberg, Sieglinde Hamacher, Helke Misselwitz und Petra Tschörtner. Ein Großteil der gezeigten Produktionen ist zum ersten Mal im MDR zu sehen. Evelyn Schmidts Spielfilm DAS FAHRRAD, wird voraussichtlich am 11. März gezeigt.

Zum Inhalt: Die alleinerziehende Endzwanzigerin Susanne (gespielt von Heidemarie Schneider) lebt ein eintöniges Leben. Jeden Morgen bringt sie ihre Tochter Jenny (Anke Friedrich) in den Kindergarten. Anschließend geht sie einer unbefriedigenden Arbeit als Stanzerin nach. Abends folgen Hausarbeit und gelegentliche Ausflüge in die Disco zum altbekannten Freundeskreis.

Frustriert von dieser Monotonie kündigt Susanne ihren Job und lernt zufällig Ingenieur Thomas (Roman Kaminski) kennen, der sich in sie verliebt. Neue Probleme kommen auf sie zu: Tochter Jenny erkrankt, ein passender neuer Job ist nicht zu finden und sie gerät in finanzielle Schwierigkeiten. In ihrer Not meldet Susanne ihr Fahrrad gestohlen. Ein dilettantischer Versicherungsbetrug, der nicht lange unentdeckt bleibt…

Gedreht wurde DAS FAHRRAD zwischen dem 24. Februar und 25. Mai 1981 überwiegend in Halle an der Saale. Die Schlussszene spielt am markanten Eselsbrunnen auf dem Alten Markt. Das Szenarium verfasste der Autor Ernst Wenig, der die Idee parallel zur Verfilmung weiter ausbaute und den Stoff 1982 unter dem Titel Ende der Beziehungen als Roman veröffentlichte. Die Filmpremiere erfolgte am 22. Juli 1982 im Berliner Kino Colosseum.

 
Ein vernichtendes DDR-Presseecho
 
Im Rahmen der studiointernen Abnahmen wurde DAS FAHRRAD im Sommer 1981 noch positiv besprochen. Im September folgte die Erteilung der staatlichen Zulassung. Spätestens mit dem am 17. November 1981 im nd veröffentlichten „Vaterbrief“ eines Hubert Vater, der darin seine Wünsche an die künftigen Filmproduktionen vorträgt, änderte sich die Stimmung. Im Januar 1982 schlug Evelyn Schmidt auf der jährlichen Pressekonferenz des Progress-Filmverleihs, auf der die DEFA-Jahresproduktion vorgestellt wurde, harter Gegenwind entgegen. Der Kinostart wurde auf den wenig lukrativen Sommermonat Juli gelegt. Auch eine Premiere im Kino International oder im Kosmos wurde dem Film verwehrt. Das DDR-Presseecho fiel beinahe einstimmig niederschmetternd aus. Horst Knietzsch überschrieb seine Kritik im nd mit lediglich einem Wort: „Misslungen“. Kaum eine DEFA-Figur erregte die DDR-Filmkritik in den 1980er-Jahren so sehr wie Antiheldin Susanne in DAS FAHRRAD. Westdeutsche Zeitungen besprachen den Film hingegen deutlich positiver. Auf internationalen Festivals durfte DAS FAHRRAD nicht präsentiert werden. Eine finanziell lukrative Ausstrahlung im ZDF wurde der Produktion 1985 aber gestattet, wodurch auch das West-Fernsehen schauende DDR-Publikum mitunter erstmals auf den Film aufmerksam wurde.
DEFA – Stiftung
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