Leinefelde-Worbis. Der Leinefelde-Worbiser Bürgermeister Christian Zwingmann wendet sich in einem Brief an Abgeordnete des Thüringer Landtags. Es geht um einen Gesetzentwurf, den die Stadt so nicht hinnehmen will. Es geht um das Leinebad und die Einwohnerzahl…

Das Bad soll keine Unterstützung vom Land erhalten, weil die Einwohnerzahl um 155 zu hoch ist. Foto: Ilka Kühn

Der Brief des Bürgermeisters:

„Mit großem Bedauern hat die Stadt Leinefelde-Worbis den Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Kenntnis genommen, wonach nur Kommunen mit bis zu 20.000 Einwohnern, die über ein eigenes Schwimmbad oder eine Therme verfügen und regelmäßigen Schulschwimmunterricht anbieten, beim Ausgleich steigender Energiepreise aus dem Sondervermögen zur Bewältigung der Energiekrise unterstützt werden sollen. Damit sollen „existenzielle Härten infolge von Preissteigerungen“ abgemildert werden.


Da die Stadt Leinefelde-Worbis zum 31.12.2022 unter anderem wegen der 155 Einwohner in der Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises Eichsfeld für Flüchtlinge in Bodenstein (inkl. Krankenhaus Worbis) 20.119 Einwohner hatte, kommt sie trotz ebenfalls stark gestiegener Betriebskosten für das Leinefelder Leinebad leider nicht in den Genuss der dringend benötigten Finanzspritze.

Ohne die gemeldeten Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft hätte die Kommune zum Stichtag lediglich 19.964 Einwohner. Würde der Gesetzentwurf die Einwohnerzahl von 19.986 zum 31.12.2021 (damit vor Beginn des Ukraine Krieges und vor Einsetzen des Flüchtlingsstroms) berücksichtigen, würde die Stadt ebenfalls eine Förderung zur Abmilderung der Energiepreise erhalten. Das Leinebad wird wöchentlich von rund 900 Schülerinnen und Schüler aus dem gesamten Altkreis Worbis (Gernrode, Brehme, Effelder, Breitenworbis, Küllstedt, Teistungen, Niederorschel, Deuna, Weißenborn-Lüderode, Wingerode, Großbodungen) und nach der Schließung des Bades im vergangenen Jahr auch von Kindern aus dem Einzugsbereich von Dingelstädt zum Schwimmen lernen genutzt. Auch Duderstadt hat seit 2019 kein eigenes Schwimmbad mehr, so dass immer mehr Schülerinnen und Schüler aus dem Untereichsfeld Schwimmzeiten nutzen möchten.

Insgesamt kommen so in der Leinestadt 45 Stunden reines Schulschwimmen pro Woche zusammen. Während beispielsweise in Heiligenstadt zwischen 8 und 11 Uhr nur überwiegend nur eine Bahn für das Schulschwimmen zur Verfügung steht, ist das Bad in Leinefelde täglich zwischen 8 und 14 Uhr mit 4 Bahnen ausgelastet.

Die Anzahl der Schulschwimmstunden, die von der Stadt Leinefelde-Worbis gemeinsam mit der 100%igen Tochter der Sport- und Freizeit GmbH zur Verfügung gestellt werden, hat sich damit seit diesem Schuljahr deutlich erhöht und zeigt die existenzielle zentralörtliche Bedeutung der Einrichtung für das Schulschwimmen im Landkreis Eichsfeld. Uns allen ist sicher bewusst, dass mit steigender Badnutzung die Unterhaltungskosten für Technik, Chemie, Reinigung etc. sowie die Bewirtschaftungskosten deutlich steigen. Preissteigerungen wirken sich daher im Leinebad deutlich stärker aus als in vergleichbaren Bädern.
Keine Unterstützung für das Leinebad während der Corona-Pandemie

Auch im Rahmen des „Thüringer Energiekrisen- und Coronapandemie-Hilfsfondsgesetzes“ ging die Stadt Leinefelde-Worbis bei der Verteilung möglicher Hilfsgelder leer aus. Voraussetzung war hier, dass sich die durch die Energiekrise gestiegenen Betriebskosten im Vergleich zum Vorjahr mindestens verdoppelt haben. Da die Stadt aber in den vergangenen Jahren durch zahlreiche energetische Sanierungsmaßnahmen (großflächige Photovoltaikanlage, energiesparende Fensterfronten, stromsparende Pumpen usw.) viel getan hat, um Kosten einzusparen, lag die Betriebskostensteigerung hier „nur“ bei 60 Prozent und war damit zu niedrig für eine Förderung durch das Land Thüringen.

Wesentliche Faktoren der Betriebskosten des Leinebades sind die Aufwendungen für Strom und Fernwärme. Die Stromkosten haben sich, bezogen auf den reinen Verbrauchspreis (ohne EEG-Umlage) von 5,15 ct/kWh netto in 2020 auf 14,05 ct/kWh netto in 2024 nahezu verdreifacht. Die Kosten für die Fernwärmeversorgung haben sich im Leinebad von 58,97 €/MWh netto in 2021 auf 106,97 €/MWh netto in 2024 fast verdoppelt. Sie sehen, dass die horrenden Preissteigerungen die Finanzierung des Badbetriebes deutlich erschweren. Die Stadt Leinefelde-Worbis befürchtet durch die Festlegung der Obergrenze von 20.000 Einwohnern auch in diesem Fall eine massive finanzielle Benachteiligung gegenüber anderen Kommunen und bittet daher die antragstellenden Fraktionen DIE LINKE, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie alle weiteren Mitglieder des Landtages eindringlich, sich für eine Berücksichtigung der Stadt Leinefelde-Worbis einzusetzen.

Möglichkeiten sind unter anderem die Anwendung der Bevölkerungsstatistik zum 31.12.2021, dem letzten Bevölkerungsstand vor Beginn des Krieges in der Ukraine und dem Einsetzen des Flüchtlingsstroms oder die Anhebung der im Gesetz geforderten maximalen Einwohnerzahl auf über 20.000 Einwohner zum 31.12.2022. Damit kann vermieden werden, dass die Stadt Leinefelde-Worbis, die mit ihrem Leinebad die Hauptlast und Hauptverantwortung für das Schulschwimmen im gesamten Landkreis Eichsfeld trägt, wiederholt durch das „Unterstützungsraster“ fällt.
Einen Vorteil sehen wir auch für Sie als Entscheidungsträger: Der „Rettungsschirm“ wird unter dem Strich nicht teurer, sondern gerechter auf mehr Kommunen verteilt, die das Geld genauso dringend brauchen.


Unser Appell an Sie lautet daher: Lassen Sie uns nicht wegen einer willkürlich festgelegten Obergrenze im Regen stehen und helfen Sie mit, das Leinebad der Stadt Leinefelde-Worbis als eines der wichtigsten regionalen Schulschwimmbäder zu erhalten!

Vielen Dank!
Christian Zwingmann
Bürgermeister der Stadt Leinefelde-Worbis

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