v.li. Karsten Froböse, Christian Böduel und Mark Weinrich standen Rede und Antwort zum Thema Firmengründungen. Foto: Ilka Kühn

In nur zehn Schritten zum eigenen Chef – Unternehmensgründung leicht gemacht u.a. liest man überall im Internet. Klingt verlockend für diejenigen, die mal etwas anderes ausprobieren wollen. Doch wie sieht es aus mit Firmengründungen in Zeiten, wo man nicht mehr Jahre vorausplanen kann, die gebeutelt sind von Krisen?

Wir wollten es von den Experten wissen und trafen uns mit dem IHK-Regionalleiter Nordthüringens, Christian Böduel, dem Chef der Nordthüringer Arbeitsagentur, Carsten Froböse und Mark Weinrich von der Nordthüringer Kreishandwerkerschaft.

Karsten Froböse nannte zunächst die Zahlen: So wurden im Eichsfeld im ersten Halbjahr 2022 insgesamt 284 Gewerbeanmeldungen registriert. Im Landkreis Nordhausen waren es 208, im Kyffhäuserkreis 165 und im Unstrut Hainich Kreis 227 Gewerbeanmeldungen, um mal bei den vier Landkreises Nordthüringens zu bleiben. Natürlich gab es auch Gewerbeabmeldungen: Landkreis Eichsfeld mit 215 (davon 171, die ganz aufgegeben wurden), Landkreis Nordhausen mit 162 (127 sind davon ganz aufgegeben worden), Kyffhäuserkreis mit 158 (davon 124 total aufgegeben) und im Unstrut Hainich Kreis wurden 232 Unternehmen abgemeldet, davon 191 ganz aufgegeben. Bis auf den Unstrut Hainich Kreis sind in den andren drei Kreise im ersten Halbjahr 2022 also mehr Unternehmen gegründet worden, als abgemeldet worden. Das ist auch in ganz Thüringen so.

Das Unternehmertum muss wieder attraktiver werden, sagte Christian Böduel mit Blick auf die Politik. Er betonte, dass wir im Eichsfeld im Jahr 2011 insgesamt 568 Gewerbeanmeldungen hatten und 2020/21 waren es rund 400 pro Jahr. Von Januar 2022 bis 31.8.2022 hatten 94 Interessierte die Existenzgründungsberatung der IHK in Nordthüringen besucht, im vergangenen Jahr waren es 138, das Jahr davor sogar 168. Die Unsicherheit in der Wirtschaft nehme zu, sie erschwere Existenzgründungen, sagte der IHK-Regionalleiter.

Karsten Froböse verwies auf die Netzwerkberatungen mit allen Partnern in Nordhausen oder Sondershausen, wo der Interessierte das geballte Wissen bekäme in Bezug auf Existenzgründungen. Auch Arbeitslose, die sich auf eigene Beine stellen wollen, erhalten weiterhin Zuschüsse. Gemeinsam wird geprüft, ob die Idee zur Firmengründung auch tragfähig sei.

Wie sieht es im Handwerk aus? 2020 hatten wir im Landkreis Eichsfeld 212 Zuwächse und nur 87 Abgänge an Handwerksbetrieben. 2021 waren es dann nur noch 79 Zugänge und 81 Abgänge, erklärte Mark Weinrich. Zum einen ist auch hier die Unsicherheit der Grund, aber der eine oder andere informiert sich auch, was er alternativ machen könnte. Muss man unbedingt die Nachfolge antreten, fragt sich mancher. Dazu kommen Lohnunterschiede, Industrie bezahle besser. Viele Handwerker gehen auch in den Ruhestand. Betriebe müssen dann abgemeldet werden, wenn die Nachfolge fehlt. Aber er konnte auch Positives berichten: die Auftragsbücher beim Handwerk sind voll. Problem seien noch die Materiallieferungen und die Preise, die vorab kaum noch so kalkuliert werden können. Aber bezahlbares Handwerk wird immer gefragt sein, so Mark Weinrich.

Ein immer noch schwieriges Thema, die Suche nach Nachfolgern. Unternehmen seien gut beraten, wenn der Nachfolger vielleicht auch aus dem eigenen Betrieb kommt, der sich in den Jahren entsprechend qualifiziert hat. Christian Böduel berichtete von einem Beispiel der Fachhochschule Nordhausen, die nun auch Betriebsleiter ausbilden will. Außerdem gibt es ein Nachfolgeforum einmal im Jahr an der Fachhochschule.

Die Industrie- und Handelskammer, die Kreishandwerkerschaft und die Agentur für Arbeit stehen allen interessierten Gründern mit Rat und Tat zur Seite. Und alle drei arbeiten wir eng zusammen, so Christian Böduel.

Ilka Kühn

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