Leinefelde. Wie der Abend für die Leinefelder Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner ausgehen würde, konnte am frühen Samstagabend niemand vorhersehen. Gegen 17 Uhr verwandelten sich Straßen und Gehwege innerhalb kürzester Zeit in spiegelglatte Eisflächen.

Während draußen die Bedingungen zunehmend gefährlich wurden, stand im Eichsfelder Hof ein Abend ganz im Zeichen von Dank, Anerkennung und Gemeinschaft bevor – ein Benefizabend für die Feuerwehr Leinefelde.
Eingeladen hatte Patrick Westphalen, der bewusst an eine Idee aus dem vergangenen Jahr anknüpfte. Damals hatte es zur gleichen Zeit eine Benefizveranstaltung für Bedürftige im Ortsteil Leinefelde gegeben. In diesem Jahr sollte die Wertschätzung denjenigen gelten, die oft selbstverständlich funktionieren müssen: der Ortsfeuerwehr Leinefelde.

Die ursprüngliche Idee zu diesem Dankeschönabend stammt vom Wirt des Eichsfelder Hofes, Birger Sangmeister. Er und seine Familie haben sich vorgenommen, jedes Jahr zwischen den Feiertagen eine Benefizveranstaltung für die Gemeinschaft auszurichten. Ein Dankeschön des Teams. Das Konzept ist einfach und wirkungsvoll: Das Essen übernimmt der Wirt, die Getränke der Ortsteilbürgermeister. Bereits im vergangenen Jahr zeigte sich, wie sehr diese Form der stillen Anerkennung geschätzt wird – würdevoll, persönlich und ohne große Bühne.
Feuerwehrleute und ihre Familien im Mittelpunkt
Zur Einsatzabteilung der Feuerwehr Leinefelde gehören rund 40 Männer und Frauen. Zum Dankeschönabend waren sie nicht allein eingeladen, sondern ausdrücklich gemeinsam mit ihren Partnern. Ein bewusstes Zeichen, denn ehrenamtlicher Feuerwehrdienst betrifft immer auch das private Umfeld. Familien verzichten auf gemeinsame Zeit, auf Abende, auf Wochenenden – oft ohne zu wissen, was der nächste Einsatz mit sich bringt.
Für viele der Anwesenden war es eine seltene Gelegenheit, sich einmal in ungezwungener Atmosphäre zu begegnen. Denn sonst trifft man sich meist im Einsatz: bei Bränden, Verkehrsunfällen, Ölspuren oder ausgelösten Brandmeldeanlagen. Einsätze, die körperlich fordern und seelisch belasten. Besonders schwere Unfälle, Todesfälle oder Brände in Wohnhäusern hinterlassen Spuren, über die im Alltag kaum gesprochen wird.
„Der Feuerwehr kann man nicht genug danken“
In seiner Begrüßung machte Patrick Westphalen deutlich, dass der Feuerwehr in Leinefelde seiner Meinung nach nicht ausreichend gedankt werde. Ihr Einsatz werde oft als selbstverständlich wahrgenommen – dabei leiste sie Jahr für Jahr unzählige ehrenamtliche Stunden für die Sicherheit der Stadt. Genau deshalb sollte dieser Abend kein offizieller Termin mit langen Reden sein, sondern ein ehrliches Dankeschön.
Unter den Gästen befanden sich auch Menschen, die sich der Feuerwehr in besonderer Weise verpflichtet fühlen. Drei von ihnen ergriffen an diesem Abend selbst das Wort – und ihre Berichte gingen unter die Haut.
Wenn Professionalität Existenzen sichert

Den Anfang machte Tobias Helbing, der einen Einsatz schilderte, bei dem es um weit mehr ging als um Schnelligkeit. Besonders beeindruckt habe ihn das überlegte Vorgehen der Feuerwehr. Nicht kopflos, sondern mit Überblick, klaren Entscheidungen und dem richtigen Mittel zur richtigen Zeit.
Gerade in einem sensiblen Produktionsumfeld hätte ein falscher Schritt massive Folgeschäden verursachen können. Unkontrollierter Wasser- oder Schaumeinsatz hätte die Lebensmittelproduktion möglicherweise langfristig unmöglich gemacht. Dass dies verhindert wurde, sei der Erfahrung und Professionalität der Einsatzkräfte zu verdanken.
Millionen-Schaden – und doch das Entscheidende bewahrt
Eindringlich waren auch die Worte von Gerhard Hartleb, dessen Stahlbauunternehmen bei einem Brand schwer beschädigt wurde. Der entstandene Schaden belief sich auf rund 2,2 Millionen Euro. Doch für Hartleb stand noch etwas anderes im Vordergrund.
Über dem betroffenen Gebäude befanden sich mehrere Wohnungen. Darunter auch eine Familie mit kleinen Kindern, die zu diesem Zeitpunkt hätte zuhause sein können. Dass niemand verletzt wurde und keine Menschen zu Schaden kamen, bezeichnete Hartleb als das Entscheidende. Der Brand wurde unter schwierigen Bedingungen unter Kontrolle gebracht, Schlimmeres verhindert – trotz enormer Herausforderungen für die Einsatzkräfte.
Dank aus dem Rettungswagen
Bewegend sprach auch Jürgen Reimann über seinen schweren Verkehrsunfall. Er selbst habe die Feuerwehr kaum bewusst wahrgenommen, da er bereits im Rettungswagen versorgt worden sei. Doch im Nachhinein sei ihm klar geworden, welche Rolle die Einsatzkräfte gespielt haben.
Jürgen Reimann dankte allen, die sich freiwillig dieser Aufgabe stellen – und sprach offen die psychische Belastung an, die mit solchen Einsätzen einhergeht. Bilder von Unfällen, Bränden und menschlichem Leid müssten verarbeitet werden. Das sei alles andere als selbstverständlich und verdiene größten Respekt.
Ein Brief, der mehr sagt als jede Rede
Besonders still wurde es im Raum, als Patrick Westphalen aus einem Brief eines Leinefelders zitiert hat, der einen Wohnungsbrand in der Konrad-Martin-Straße nur dank des schnellen Eingreifens der Feuerwehr überlebte. Der Mann schilderte seine Angst, die Orientierungslosigkeit im Rauch und die Erleichterung, als Feuerwehr und Rettungsdienst eintrafen.
Der Ortsbürgermeister machte deutlich: Dieser Brief sage mehr über die Bedeutung der Feuerwehr aus als jede politische Rede. Er sei ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass es bei Einsätzen um Leib und Leben geht – und dass jede Minute zählt.
Blick in die Zukunft der Feuerwehr
Auch die Nachwuchsarbeit kam zur Sprache. Die Jugendfeuerwehr sei ein zentraler Baustein für die Zukunft der Wehr, erste Unterstützungsmaßnahmen seien bereits auf den Weg gebracht. Anerkennende Worte gab es zudem für die Gastgeber und alle Unterstützer des Abends, die mit ihrem Engagement ebenfalls Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen.
Der Wehrleiter der Leinefelder Feuerwehr, Florian Hartung, betonte die gute Zusammenarbeit und den wachsenden Zusammenhalt innerhalb der Wehr. Die Stimmung sei gut, die Mannschaft wachse wieder – ein positives Signal.
Für zusätzlichen Optimismus sorgte eine erfreuliche Nachricht zum Schluss: Für ein neues Hilfeleistungslöschfahrzeug HLF 20 liegt ein Förderbescheid vor. Auch wenn es noch einige Jahre dauern wird, bis das Fahrzeug ausgeliefert wird, ist die Zusage ein wichtiges Signal. Bis dahin muss das bestehende Fahrzeug weiter zuverlässig seinen Dienst tun.
Wertschätzung, die bleibt
Der Abend endete in entspannter Atmosphäre mit Gesprächen, Live-Musik mit Liedermacher Matthias Glanz aus Dingelstädt und dem gemeinsamen Gefühl, dass Wertschätzung keine leere Floskel ist, sondern gelebt werden kann. Für die Feuerwehr, für ihre Familien und für alle, die sich in Leinefelde ehrenamtlich engagieren.
Ilka Kühn
